Der EU Design Act
Der EU Design Act – Neue EU‑Gesetzgebung zur Modernisierung des EU‑Designschutzes
Die EU design Reform, welche in diesem Jahr in Kraft tritt, besteht aus der neu vereinbarten Richtlinie 2024/2823 (als Ersatz der Richtlinie 98/71) und der neuen Verordnung (EU) 2024/2822 (zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2246/2002 der Kommission). Beide Rechtsakte führen wesentliche Änderungen im Designschutz in der gesamten EU ein.
Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) als zuständige EU‑Agentur wird diese Änderungen in drei Phasen umsetzen:
- Phase 1: Teile der Verordnung treten am 1. Mai 2025 in Kraft
- Phase 2: Die gesamte Verordnung tritt am 1. Juli 2026 in Kraft
- Phase 3: Die Mitgliedstaaten haben bis zum 9. Dezember 2027 Zeit, die neue Richtlinie umzusetzen.
Phase 1: Vereinfachtes Gebührenregime, mit Erhöhung der Verlängerungsgebühren
Die Gebührenstruktur für die Anmeldung von EU‑Designs behält im Grundsatz eine Gebühr von 350 EUR bei, wobei die Anmeldegebühr und die Veröffentlichungsgebühr nun in einer einzigen Antragsgebühr zusammengefasst werden. Die Gebühr für jedes weitere Design in einem Antrag, der mehrere Designanmeldungen, beträgt nun 125 €. Dies stellt eine kleine Erhöhung im Vergleich zu den früheren 115 € dar.
Zusätzlich sind die Verlängerungsgebühren für sowohl internationale als auch reguläre Anmeldungen unter der neuen Verordnung gestiegen. Die internationalen Verlängerungsgebühren haben sich für alle Verlängerungszeiträume von 31 € auf 62 € verdoppelt. Die regulären Verlängerungsgebühren hingegen haben in allen vier Verlängerungszeiträumen signifikante Erhöhungen verzeichnet. Früher lagen die Gebühren zwischen 90 € und 180 €, doch unter der neuen Verordnung betragen sie nun zwischen 150 € und 700 €, was insbesondere in den späteren Verlängerungszeiträumen einen erheblichen Anstieg darstellt.
Vergleich der Verlängerungsgebühren
Period of Renewal
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Old (EUR)
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New (Regulation – A 106aa) (EUR)
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International
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Regular
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International
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Regular
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1
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31€
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90€
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62€
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150€
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2
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31€
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120€
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62€
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250€
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3
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31€
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150€
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62€
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400€
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4
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31€
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180€
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62€
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700€
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Phase 1: Geänderter Verlängerungsprozess und Fristenanforderungen
Die EU‑Design Reform führt eine weitere wichtige Änderung hinsichtlich der Frist im Verlängerungsprozess für EU‑Designanmeldungen ein. Während das grundlegende Prinzip beibehalten wird, dass Verlängerungen vom Inhaber oder einer autorisierten Person beantragt werden müssen, passt der neue Artikel 50d der Verordnung 2024/2822 den Grundverlängerungszeitraum an den der EU‑Marken an. Die neue Verordnung legt fest, dass der sechsmonatige Verlängerungszeitraum nun am exakten Tag des Registrierungsablaufs endet – anstatt, wie bisher, am letzten Tag des Ablaufmonats.
Regulation
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Article
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Regulation 6/2002
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Article 13
3. The request for renewal shall be submitted and the renewal fee paid within a period of six months ending on the last day of the month in which protection ends. Failing this, the request may be submitted and the fee paid within a further period of six months from the day referred to in the first sentence, provided that an additional fee is paid within this further period.
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Regulation 2024/2822
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Article 50d
3. The request for renewal shall be submitted within a six months period prior to the expiry of the registration. The renewal fee shall also be paid within that period.
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Phase 1: Erfordernis der Einheitlichkeit der Klasse für mehrere EU-Geschmacksmusteranmeldungen aufgegeben
Bis zum 1. Mai 2025 bleibt es weiterhin erforderlich, mehrere Designanmeldungen innerhalb derselben Locarno-Klasse einzureichen. Früher schrieb die Verordnung 6/2002 vor, dass alle Designs in einer Sammelanmeldung derselben Klasse der Internationalen Klassifikation für industrielle Designs angehören müssen. Mit der Einführung der neuen Verordnung 2024/2822 wurde diese Einschränkung aufgehoben, sodass nun Designs aus unterschiedlichen Locarno-Klassen in einem einzigen Antrag enthalten sein können. Allerdings wurde eine neue Obergrenze von 50 Designs pro Antrag eingeführt.
Phase 1: Erweiterte Durchsetzung von EU‑Designs: 3D‑Druck und Goods in Transit
Die Änderungen an den EU‑Designvorschriften erweitern die Durchsetzungsmöglichkeiten für Inhaber von Designrechten weiter, insbesondere in den Bereichen 3D‑Druck und gefälschte Waren in Transit. Die Designinhaber haben nun die rechtliche Befugnis, gegen unautorisierte Kopien, die unter Einsatz von 3D‑Drucktechnologien hergestellt werden, vorzugehen. Der genaue Wortlaut dieser Änderung ist in Artikel 19 der Verordnung 2024/2822 festgehalten. Die folgende Tabelle zeigt den Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Wortlaut.
Regulation
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Article 19
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Regulation 6/2002
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A registered Community design shall confer on its holder the exclusive right to use it and to prevent any third party not having his consent from using it. The aforementioned use shall cover, in particular, the making, offering, putting on the market, importing, exporting or using of a product in which the design is incorporated or to which it is applied, or stocking such a product for those purposes.
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Regulation 2024/2822
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1. A registered EU design shall confer on its holder the exclusive right to use it and to prevent any third party not having the consent of the holder from using it.
2. The following, in particular, may be prohibited under paragraph 1:
(a)making, offering, placing on the market or using a product in which the design is incorporated or to which the design is applied;
(b)importing or exporting a product referred to in point (a);
(c)stocking a product referred to in point (a) for the purposes referred to in points (a) and (b);
(d) creating, downloading, copying and sharing or distributing to others any medium or software which records the design for the purpose of enabling a product referred to in point (a) to be made.
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Phase 1: EU-Geschmacksmustersymbol: Neue Anforderungen und Richtlinien
Die EU-Design-Reform führt zudem ein neues Kennzeichen für EU‑Designinhaber ein. Das D in einem Kreis „Ⓓ“ ermöglicht es den Inhabern, ihre Designs zu kennzeichnen – ähnlich wie die ®‑ und ©‑Symbole, die im EU‑Designrahmen für Marken- und Urheberrechtsschutz verwendet werden.
Unter der EU‑Designverordnung 2024/2822 geht Artikel 26a speziell auf die Anforderungen an das EU‑Design‑Anmeldesymbol ein. Inhaber von registrierten EU‑Designs haben nun das offizielle Recht, das kreisförmige D‑Symbol (Ⓓ) auf Produkten, die ihre geschützten Designs beinhalten, anzubringen. Dieses neue Kennzeichnungssystem für EU‑Designs soll das Bewusstsein für Designrechte stärken und einen klaren visuellen Hinweis auf den Status des Designschutzes bieten.
Die EU‑Designverordnung legt ferner fest, dass Designinhaber ihren Schutzvermerk durch die Aufnahme weiterer Indizien, wie der offizielle „EU design registration number“, oder einem Hyperlink, welcher auf den Eintrag im EU Design Register verweist stärken können.
Phase 2: Erweiterte Definition von EU‑Designs: Integration digitaler Innovationen
Ab dem 1. Juli 2026 gilt im Übrigen eine neue Definition des Designs selbst. In der neuen Definition werden insbesondere digitale und animierte Elemente ausdrücklich einbezogen. Diese Erweiterung soll der wachsenden Präsenz digitaler Schnittstellen, des User‑Experience‑Designs und dynamischer visueller Elemente im modernen Produkt‑ und Softwaredesign Rechnung tragen.
Die wesentlichen Änderungen in der Definition von EU‑Designs betreffen den neuen Artikel 3 der Verordnung, der das traditionelle Konzept des Designschutzes erweitert, um Folgendes zu umfassen:
- Bewegungsbasierte Merkmale
- Übergangseffekte
- Animierte Elemente
- Digitale Schnittstellendesigns
Die folgende Tabelle zeigt einen Vergleich zwischen den Definitionen der alten und neuen EU-Verordnung.
Regulation
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Article 3
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Regulation 6/2002
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„design“ means the appearance of the whole or a part of a product resulting from the features of, in particular, the lines, contours, colours, shape, texture and/or materials of the product itself and/or its ornamentation;
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Regulation 2024/2822
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“design” means the appearance of the whole or a part of a product resulting from the features, in particular the lines, contours, colours, shape, texture and/or materials, of the product itself and/or of its decoration, including the movement, transition or any other sort of animation of those features;
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Phase 2: Neue Darstellungsanforderungen für EU‑Designanmeldungen
Gemäß einer Änderung des Artikels 36 der neuen EU-Verordnung ist die Beschränkung hinsichtlich der Darstellung eines einzelnen Designs pro Anmeldung höchstwahrscheinlich nicht mehr auf sieben limitiert.
Wir müssen es bei „höchstwahrscheinlich“ belassen, da die Verordnung den Exekutivdirektor des EUIPO dazu auffordert, eine Entscheidung darüber zu treffen, wie Darstellungen, insbesondere im Hinblick auf Animationen, gehandhabt werden sollen. Die alte Verordnung überließ es den Durchführungsverordnungen, zu entscheiden, wie viele Darstellungen eines Designs höchstens Teil der Anmeldung sein sollten. Nun werden diese weiterhin referenziert, allerdings wird der Exekutivdirektor des EUIPO ausdrücklich aufgefordert, „determine the manner of numbering different views in the event of representation by static views, the formats and size of an electronic file as well as any other relevant technical specification“ zu bestimmen. Wir sind der Ansicht, dass dies den Willen der Gesetzgeber ausdrückt, dass diese Begrenzung überarbeitet werden soll, insbesondere da nun neue animierte Designs in den Schutzbereich aufgenommen werden.
Regulation
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Article 36
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Regulation 6/2002
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5. The application shall comply with the conditions laid down in the implementing regulation.
Article 4 – 2. The representation may contain no more than seven different views of the design. Any one graphic or photographic reproduction may contain only one view. The applicant shall number
each view using arabic numerals. The number shall consist of separate numerals separated by a point, the numeral to the left of the point indicating the number of the design, that to the right indicating the number of the view.
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Regulation 2024/2822
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an application for a registered EU design shall comply with the formal requirements laid down in this Regulation and in the implementing acts adopted pursuant to it. To the extent that those requirements relate to the design representation as referred to in paragraph 1, point (c), and the means of representation, the Executive Director shall determine the manner of numbering different views in the event of representation by static views, the formats and size of an electronic file as well as any other relevant technical specification. If those requirements provide for the identification of a subject matter for which no protection is sought by way of certain types of visual disclaimers or for the filing of certain specific types of views, the Executive Director may determine that additional types of visual disclaimers and specific types of views are permitted.’
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Phase 3: Reparaturklausel und bevorstehendes Ende des Schutzes für “must match”-Teile
Beginnend mit der Umsetzung der Richtlinie in die nationalen Gesetze der EU‑Mitgliedstaaten – bis zum 9. Dezember 2027 – betrifft dies die neu eingeführte Reparaturklausel und das Ende des Schutzes für „must match“‑Teile, wie beispielsweise Autoteile. Die „Reparaturklausel“ führt neue Regelungen ein, die Ersatzteile, die zur Reparatur komplexer Produkte verwendet werden, vom Designschutz ausnehmen. Diese Klausel gilt ausschließlich für „must match“‑Teile, d.h. für Teile, die dazu dienen, das ursprüngliche Erscheinungsbild des Produkts wiederherzustellen. Es gibt eine Übergangsfrist von 8 Jahren (d.h. bis zum 9. Dezember 2032), die es bestehenden (nationalen) Designschutz für Bauteile ermöglicht, während dieser Zeit weiterhin Schutz zu genießen.
Die neue Regelung führt dies in Artikel 20a 1 der EU‑Richtlinie 2024/2823 ein, der besagt:
- Protection shall not be conferred on an EU design which constitutes a component part of a complex product upon whose appearance the design of the component part is dependent, and which is used within the meaning of Article 19(1) for the sole purpose of the repair of that complex product, so as to restore its original appearance.
Den vollständigen Text der Richtlinie finden Sie hier: https://eur-lex.europa.eu/eli/dir/2024/2823/oj/eng
Die EU‑Design Reform führt viele Änderungen in das bestehende EU‑Designrecht ein. Sollten Sie Fragen zur Anwendung eines EU‑Designs gemäß der neuen EU‑Design Reform haben, können Sie sich gerne an einen unserer Rechtsexperten wenden.
Unser Autor:
Trainee Patent Attorney