Neue Richtlinien für die Prüfung des Europäischen Patentamts treten am 1. März 2023 in Kraft
Die Ausgabe März 2023 der Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt ist am 1. März 2023 in Kraft getreten. Diese neue Richtlinie enthält Anleitungen zur Praxis und zum Verfahren, die bei verschiedenen Aspekten der Prüfung europäischer Patentanmeldungen und Patente zu befolgen sind.
Wir haben die wichtigsten Änderungen wie folgt zusammengefasst:
Änderungen Teil A (Formalprüfung), Teil B (Recherche), Teil C (Sachliche Prüfung), Teil E (Allgemeine Verfahrensfragen), Teil F (Die europäische Patentanmeldung), Teil G (Patentierbarkeit) und Teil H (Änderungen und Berichtigungen)
Aktualisierte oder neue Abschnitte zur Berichtigung fehlerhaft eingereichter Anmeldungsunterlagen oder -teile nach Regel 56 in geänderter und neuer Regel 56a EPÜ:
Regel 56 EPÜ betrifft das Hinzufügen fehlender Teile der Beschreibung und/oder fehlender Zeichnungen. Am 1. November 2022 wurde die neue Regel 56a EPÜ in das EPÜ eingefügt, die die Berichtigung fälschlicherweise eingereichter Anmeldeunterlagen oder Teile davon erlaubt und es dem EPA somit ermöglicht, die PCT-Bestimmungen vollständig anzuwenden. Regel 56 EPÜ wurde ebenfalls entsprechend geändert. Alle relevanten Teile der EPÜ-Richtlinien wurden aktualisiert, um Informationen über die Anwendbarkeit der neuen Regel 56a EPÜ aufzunehmen.
Berichtigung fehlerhaft eingereichter Anmeldungsunterlagen oder -teile wurden um einen neuen Abschnitt, Teil A-II, 6, ergänzt . Teil A-II, 6.1 und 6.2 geben Anmeldern eine Anleitung, wie sie irrtümlich eingereichte Anmeldungsunterlagen oder -teile mit oder ohne Aufforderung des EPA korrigieren können. Teil A-II, 6.3 offenbart die Möglichkeit, den Anmeldetag aufgrund der Berichtigung fehlerhaft eingereichter Anmeldungsunterlagen oder -teile zu ändern. Darüber hinaus wurden in Teil A-II, 6.4-6.6 die unterschiedlichen Bedingungen für die Berichtigung fehlerhaft eingereichter Anmeldungsunterlagen oder -teile näher erläutert.
Dementsprechend gibt Teil H-IV, 2 Hinweise zur Zulässigkeit von Änderungen nach Artikel 123 (2) EPÜ, wobei Teil H-IV-2.2.3 die irrtümlich eingereichten Anmeldungsunterlagen oder -teile nach Regel 56a (2) und (4) EPÜ betrifft. Es besagt, dass die richtigen Anmeldungsunterlagen oder Teile davon als Teil der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen gelten.
Darüber hinaus wurden auch Teil B (Recherche), Teil C (Sachprüfung), Teil E (Allgemeine Verfahrensfragen), Teil F (Die europäische Patentanmeldung) und Teil G (Patentierbarkeit) gemäß der geänderten Regel 56 und der neuen Regel aktualisiert 56a EPÜ.
Änderungen Teile A (Formalprüfung), Teil B (Recherche), Teil C (Sachliche Prüfung), Teil D (Einspruchs- und Beschränkungs-/Widerrufsverfahren), Teil E (Allgemeine Verfahrensfragen), Teil F (Die europäische Patentanmeldung), Teil H (Änderungen und Korrekturen)
Aktualisierte Abschnitte, die die vom Verwaltungsrat CA/30/22 rev. 2 zur Unterstützung der digitalen Transformation
Um die digitale Transformation im Patenterteilungsverfahren des EPA zu unterstützen, wurden im vergangenen Jahr mehrere rechtliche Änderungen vorgenommen, die in den neuen EPÜ-Richtlinien ihren Niederschlag finden.
Gemäß der neuen Regel 49 (2) EPÜ legt der Präsident des Europäischen Patentamts die Anforderungen an die Vorlage der Unterlagen fest, aus denen sich die Anmeldung zusammensetzt, wodurch ein flexibles Regelungssystem geschaffen wird, das eine schnelle und einfache Anpassung dieser Bestimmungen an Entwicklungen im Patentamt gewährleistet Die digitalen Systeme des EPA. Bisher wurden keine Änderungen an die Anforderungen bezgl. der Vorlage von Dokumenten vorgenommen. Daher sind alle relevanten Abschnitte, wie Teil A-II, 4.8 und 5.4, Teil A-III, 3, Teil A-VIII, 2, Teil B-IV, 1.2, Teil E-II, 8.7, Teil F-II, 4.8 in den Richtlinien geben nur die in der neuen Regel 49 (2) EPÜ definierten rechtlichen Änderungen wieder.
Teil BX, 12 definiert die Übermittlung des Recherchenberichts und der Stellungnahme zur Recherche, wonach das EPA den Recherchenbericht und die Stellungnahme zur Recherche an den Anmelder weiterleiten und dem Anmelder Kopien aller zitierten Dokumente zur Verfügung stellen soll. In Anbetracht der geänderten Regel 65 EPÜ (in Kraft ab 1. Februar 2023) stellt das EPA den Anmeldern diese Dokumente über neue digitale Dienste zur Verfügung und nicht nur durch Übermittlung an die Mailbox oder per Post, wie es bisher der Fall war. Diese Änderungen ermöglichen den elektronischen Zugriff auf alle Arten von Zitaten, einschließlich Multimedia- und Internet-Zitaten.
Teil E-II, 2 definiert die Zustellung per Post und auf elektronischem Weg. Er enthält die Änderungen, dass postalische und elektronische Zustellungen des EPA am Tag des Datums des Dokuments gelten, die ab dem 1. November 2023 gelten. Diese Änderung stellt die Aufhebung der „10-Tage-Regelung“ dar und vereinfacht die Berechnung der EPA-Fristen.
Änderungen Teile A (Formalitätsprüfung), Teil E (Allgemeine Verfahrensfragen), Teil F (Die europäische Patentanmeldung)
Teil A-IV, 5, Teil E-IX, 2.4.2 und Teil F-II, 6.2 Aktualisierte oder neue Abschnitte zu Sequenzprotokollen im Hinblick auf das Inkrafttreten des WIPO-Standards 26
Ab dem 1. Juli 2022 muss das Sequenzprotokoll für alle europäischen Patentanmeldungen und internationale Patentanmeldungen, die ab diesem Datum eingereicht werden, dem neuen XML-Format entsprechen, das einem neuen Standard, dem WIPO-Standard ST.26, entspricht.
Dementsprechend wurde Teil A-IV, 5, der die allgemeine Darstellung von Sequenzprotokollen in europäischen Patentanmeldungen definiert, bezüglich dieses neuen Standards aktualisiert. Ein neuer Abschnitt, Teil F-II, 6.2, offenbart weitere Einzelheiten der Anforderungen in Bezug auf Sequenzprotokolle in europäischen Patentanmeldungen.
Teil E-IX, 2.4.2, der Sequenzprotokolle für Patentanmeldungen nach dem Patent Cooperation Treaty definiert, wurde ebenfalls an den WIPO-Standard ST.26 angepasst.
Schlussfolgerungen
Die aus unserer Sicht relevantesten praktischen Updates sind:
- die Berichtigung fehlerhaft eingereichter Anmeldungsunterlagen oder -teile nach Regel 56a EPÜ in allen EPÜ-Richtlinien
- die Befugnis des Präsidenten des EPA, über die Anforderungen an die Vorlage europäischer Anmeldungen und anderer Unterlagen in den EPÜ-Richtlinien zu entscheiden
- das Inkrafttreten des WIPO-Standards 26 für Sequenzprotokolle , Teil A-IV, 5, Teil F-II, 6.2 und Teil E-IX, 2.4.2
- elektronisch verfügbar für alle im Recherchenbericht und in der Stellungnahme zur Recherche zitierten Dokumente , Teil BX, 12
- die Aufhebung der 10-Tage-Regel, Teil E-II, 2